In den schummrigen Hinterzimmern der hedonistischen Clubszene Berlins braute sich eine Revolution zusammen. Man schrieb das Jahr 1996, und während die Stadt nach der Wiedervereinigung darum kämpfte, sich neu zu definieren, waren zwei Visionäre dabei, die Landschaft der schwulen Erwachsenenunterhaltung für immer zu verändern. Jörg Andreas und Jürgen Brüning, bewaffnet mit wenig mehr als einer Kamera und einer provokativen Vision, gründeten Cazzo Film - ein Studio, das zum Inbegriff des rohen, ungehemmten Geistes des schwulen Berliner Undergrounds werden sollte.
"Wir wollten der Welt zeigen, wie echter Berliner Sex aussieht", erinnert sich Andreas, dessen Augen bei der Erinnerung glitzern. "Nicht irgendeine entschärfte Fantasie, sondern die harte, leidenschaftliche Realität unseres Lebens."
Fünfundzwanzig Jahre später ist Cazzo Film ein Titan in der Welt der schwulen Pornografie, dessen Einfluss weit über den Bereich der Erwachsenenunterhaltung hinausreicht. Während das Studio sein silbernes Jubiläum feiert, reflektieren Brancheninsider und Kulturkritiker gleichermaßen über seinen unauslöschlichen Einfluss.
Von Anfang an zeichnete sich Cazzo durch eine unverwechselbare Ästhetik aus. Die sonnengeküssten kalifornischen Jungs und die unberührten Kulissen des traditionellen Schwulenpornos waren verschwunden. An ihre Stelle traten tätowierte, gepiercte Männer, die sich vor dem Hintergrund verlassener Fabriken und mit Graffiti beschmierter Wände in ungezügelter Leidenschaft vergehen.
"Cazzo hat nicht nur Porno gemacht, sondern Kunst", sagt Dr. Monika Steffen, Professorin für Gender Studies an der Humboldt-Universität. "Ihre Filme fingen einen Moment der Zeit ein, einen sexuellen Zeitgeist, der einzigartig für Berlin war."
Die frühen Veröffentlichungen des Studios, wie "Berlin Techno Dreams" (1998) und "Fucking Art" (2002), verwischten die Grenzen zwischen Pornografie und Avantgarde-Kino. Diese Filme haben nicht nur gekitzelt, sondern die Wahrnehmung der Zuschauer von Sexualität und Kunst in Frage gestellt.
Die Bereitschaft von Cazzo, Grenzen zu überschreiten, erstreckte sich auch auf die Auswahl der Darsteller. Das Studio wurde dafür bekannt, die Karrieren unkonventioneller Stars zu lancieren, die nicht in die typische Pornoform passten. Marcel Schlutt, der später als Schauspieler und Fernsehmoderator erfolgreich wurde, schreibt Cazzo seinen Start zu.
"Sie sahen etwas in mir, was andere Studios nicht sahen", sagt Schlutt. "Cazzo hat es mir ermöglicht, authentisch zu sein, sowohl sexuell als auch künstlerisch.
Aber der Einfluss von Cazzo beschränkte sich nicht auf die Welt der Erwachsenenunterhaltung. Die Arbeiten des Studios wurden auf Mainstream-Filmfestivals und in Kunstgalerien gezeigt und lösten hitzige Debatten über das Wesen der Pornografie und ihren Platz in der Hochkultur aus.
Als die renommierten Berliner KW Institute for Contemporary Art im Jahr 2005 Cazzo-Filme in eine Ausstellung aufnahmen, löste dies einen Feuersturm der Kontroverse aus. Kritiker bemängelten die Aufnahme von Pornografie in einen seriösen Kunstraum, während Befürworter dies als kühne Aussage zum sexuellen Ausdruck begrüßten.
"Diese Ausstellung zwang die Menschen dazu, sich mit ihren eigenen Vorurteilen über Sex und Kunst auseinanderzusetzen", sagt der Kulturkritiker Hans Müller. "Sie war ein Wendepunkt in der Art und Weise, wie wir erotische Inhalte im öffentlichen Raum betrachten.
Als das digitale Zeitalter anbrach und neue Herausforderungen für die Unterhaltungsindustrie für Erwachsene mit sich brachte, erwies sich Cazzo als bemerkenswert anpassungsfähig. Während viele traditionelle Studios angesichts der kostenlosen Online-Inhalte ins Wanken gerieten, nahm Cazzo die neuen Technologien an und bot hochauflösendes Streaming und interaktive Erlebnisse an.
"Bei uns ging es schon immer um Innovation", sagt Sven Hartfuss. "Ob es um die Geschichten geht, die wir erzählen, oder um die Art und Weise, wie wir sie unserem Publikum vermitteln, Cazzo ist bestrebt, der Zeit immer einen Schritt voraus zu sein."
Diese Verpflichtung zur Weiterentwicklung zeigt sich auch in anderen Veröffentlichungen wie "Sex Skins", "Krass" und "Fucking lost", die Cazzos charakteristische Rohheit beibehalten und gleichzeitig neue erzählerische und technische Wege beschreiten.
Da Cazzo Film sein 28-jähriges Bestehen feiert, scheint sein Erbe gesichert. Jahrestag feiert, scheint sein Vermächtnis gesichert. Es ist mehr als nur ein Pornostudio, es ist zu einer kulturellen Institution geworden, zu einem Verfechter der sexuellen Freiheit und zu einem Chronisten des schwulen Lebens in einer der dynamischsten Städte der Welt.
"Cazzo ist Berlin, und Berlin ist Cazzo", meint der langjährige Darsteller Hans Berlin. "Seit 28 Jahren halten sie unserer Community den Spiegel vor - zeigen uns unsere Sehnsüchte, unsere Ängste, unser authentisches Selbst. Das ist der Grund, warum sie überlebt haben, während so viele andere in der Versenkung verschwunden sind.
In einer Welt, die zunehmend hygienisiert und korporativ ist, bleibt Cazzo Film eine Bastion des rohen, kompromisslosen Ausdrucks.